KISS – Konsumreduktion
Illegale Drogen

KISS (Kompetenz im Selbstbestimmten Substanzkonusm) ist ein Behandlungsprogramm zur Reduktions des illegalen Drogenkonsums.

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Programminhalte

Die vorliegenden Forschungsergebnisse besagen, dass ein selbstkontrollierter Drogenkonsum prinzipiell möglich ist – auch Drogenabhängigen. Dies belegt nicht nur eine Kontrollgruppenstudie mit Frankfurter Drogenabhängigen (Körkel, Becker, Happel & Lipsmeier, 2011 ), sondern eine Vielzahl internationaler Forschungsstudien (Körkel & Verthein, 2010). Diese Studien beinhalten die folgenden Kernaussagen:

Gemäß den Berechnungen von Schippers und Cramer (2002) konsumieren 1 bis 2 Promille der Allgemeinbevölkerung Heroin oder Kokain risikobewusst, d.h. in medizinisch nicht bedenklicher Menge sowie sozial unauffällig.

Ein Teil der Drogenabhängigen wächst ohne professionelle Hilfen aus der Sucht heraus und nimmt einen gemäßigten, beruflich, privat und gesundheitlich unproblematischen Konsum auf (vgl. Klingemann & Sobell, 2007).

Manche Heroin-/Kokainabhängigen gehen nach abstinenzorientierter Drogentherapie (z.B. Substitutionsbehandlung oder stationärer Langzeittherapie) zu einem gemäßigten Konsum über. Meili, Dober und Eyal (2004) schätzen diesen Anteil auf ca. 22% und folgern, dass „der kontrollierte Konsum harter Drogen, auch bei längerer Abhängigkeit, vermutlich ebenso häufig [ist] wie die Abstinenz nach Abhängigkeit“ (S. 5).

Zu beachten ist: Diese Ergebnisse bedeuten nicht, dass ein kontrollierter Umgang mit Drogen allen Drogenkonsumierenden gelingen würde, und sie besagen auch nicht, dass ein kontrollierter Konsum wünschbarer wäre als ein drogenfreies Leben. Das Ziel, das jemand anstreben möchte, sollte deshalb gut bedacht sein und man sollte sich innerlich offenhalten, zu einem anderen Ziel zu wechseln, falls sich das ursprünglich angestrebte als nicht erreichbar erweist.

Der KISS-Einzel- und Gruppenbehandlung liegen 12 Themenbereiche zugrunde, von denen pro Sitzung 1 Bereich bearbeitet wird:

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1. Grundwissen über Illegale Drogen aneignen

2. Gründe für und gegen eine Veränderung des Konsums abwägen

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3. Bilanz des derzeitigen Konsums ziehen (Menge, Zeiten, Orte etc.)

4. Sich für Reduktionsziele entscheiden

5. Strategien zur Zielerreichung auswählen

6. Risikosituationen erkennen und den Umgang damit erlernen

7. Ausrutschern meistern

8. Freizeitgestaltung ohne Drogen

9. Belastungen erkennen

11. "Nein-Sagen" lernen

10. Bewältigen von Belastungen

12. Das Erreichte festigen oder zu einem anderen Ziel wechseln

Details

  • Führen eines Konsumtagebuchs, um einen Überblick über das eigene Konsumverhalten zu erlangen
  • Aneignung wichtiger Informationen zum Thema „Drogen“ (z.B. Wirkung von Mischkonsum verschiedener Substanzen)
  • Abwägung der positiven und negativen Seiten des Substanzkonsums
  • Bilanzierung des gegenwärtigen Konsums, um den Ausgangskonsum genau zu kennen und davon ausgehend realistische Ziele für die Folgezeit ableiten zu können
  • Wochenweises Festlegen von Konsumgrenzen (Maximalkonsum pro Tag und Woche, Anzahl konsumfreier Tage)
  • Auswahl individuell passgenauer Reduktionstrategien (z.B. „kein Konsum mit Person x“, „Konsum erst nach Ausbildungs-/Arbeitsende“ etc.)
  • Erkennen und Bewältigen von Risikosituationen (z.B. Zusammensein mit anderen KonsumentInnen, Enttäuschungen, Langeweile etc.)
  • Mit „Ausrutschern“ umgehen lernen und daraus keine Katastrophe machen
  • Aktivierung von Formen der Freizeitgestaltung ohne Drogen
  • Erkennen und bewältigen von Belastungen (wie Einsamkeit, Beziehungskonflikte, depressive Stimmungszustände, Ängste etc.)
  • Soziale Kompetenzen (u.a. „Nein-Sagen“)
  • Stabilisierung und Weiterführung der erreichten Veränderungen
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Varianten

KISS liegt in verschiedenen Durchführungsvarianten vor: einer Einzelbehandlungsvariante und einem Gruppenangebot. Beide Varianten können ambulant oder stationär durchgeführt werden.

Aufbau von KISS

KISS besteht aus zwei vorgeschalteten Einzelsitzungen sowie 12 wöchentlichen, strukturierten Einzel- oder Gruppensitzungen, die sich über eine Zeitspanne von 3½ – 4 Monaten erstrecken und von einer oder zwei Fachkräften durchgeführt werden. Jede Sitzung folgt einem strukturierten Ablauf und hat einen Zeitumfang von 1 Stunde (Einzelprogramm) bzw. 2¼ Stunden (Gruppenprogramm).

Als Grundlage zur Durchführung jeder Einheit dient ein Durchführungsmanual für die Fachkräfte sowie ein Handbuch für die Teilnehmenden.
Didaktisch bei KISS mit Visualisierungen (Flipcharts, Informationsbögen etc.) und aktivierenden Methoden (Partner- und Kleingruppenübungen, Rollenspielen, Bearbeitung von Arbeitsblättern u.a.m.) gearbeitet. Nachbereitungsaufgaben von einer zur nächsten Sitzung sollen die Umsetzung des Erarbeiteten im Alltag fördern.

Einzelangebot

Das Einzelangebot richtet sich an Konsumierende, die gemeinsam mit einer geschulten Fachkraft in Einzelgesprächen ihren illegalen Drogenkonsum reduzieren möchten. Das Einzelangebot besteht aus einem Vorgespräch (60 Minuten) und den 12 bereits genannten wöchentlichen thematischen Einheiten zu je 60 Minuten.

Gruppenangebot

Das Gruppenangebot wendet sich an Konsumierende, die in einer Gruppe unter Leitung einer geschulten Fachkraft ihren illegalen Drogenkonsum reduzieren möchten. Das Gruppenangebot besteht wie das Einzelangebot aus einem Vorgespräch (60 Minuten) und den 12 thematischen Einheiten. Im Gruppentext dauern diese jeweils 120 Minuten.

Schulung für Fachkräfte

Wir führen für Fachkräfte, die an einer Ausbildung in den Behandlungsansätzen zum Kontrollierten Konsum (KISS) interessiert sind, im Rahmen der Implementierung Zieloffener Suchtarbeit, 3-tägige Schulungen durch.

Die teilnehmenden Fachkräfte erlernen die Umsetzung von KISS im Einzel- und Gruppenkontext. Grundlage der Ausbildung und späteren Umsetzung der Programme ist ein strukturiertes Behandlungsmanual, das alle Unterlagen zur Durchführung der Einzel- und Gruppenbehandlung enthält.

Inhalte
• Menschenbild, Haltung und Suchtverständnis in Konsumreduktionsprogrammen
• Wissenschaftliche Fundierung von Konsumreduktionsprogrammen
• Struktur, Inhalte, Didaktik des Behandlungsprograms „Kompetenz im Selbstbestimmten Substanzkonsum (KISS)“.
• Einbindung von „Motivierender Gesprächsführung“ in die Konsumreduktionsprogramme

 

Termine
Nur auf Anfrage und im Rahmen der Implementierung „Zieloffener Suchtarbeit“

Zielgruppe
Einrichtungen/Träger/Teams im Rahmen der Implementierung Zieloffener Suchtarbeit, die sich Kompetenzen zum Thema Konsumreduktion bei illegalen Drogen aneignen wollen.

Ihr Nutzen
• Sie kennen die Theorie der Konsumreduktionsprogramme und ihre empirischen Grundlagen
• Sie können die Konsumreduktionsprogramme in den Varianten „Kurzinterventionen“, „Einzelprogramm“ sowie „Gruppenprogramm“ sowie in der stationären Variante durchführen

Kosten auf Anfrage

Seminarleitung
Matthias Nanz, Soz. Päd. BA, M.S.M.,
Geschäftsführer des Instituts für innovative Suchtbehandlung und
Suchtforschung (ISS) Nürnberg

Angebote für Konsumierende

Veröffentlichungen

Unsere Veröffentlichungen zum Thema Kontrollierter Konsum

Happel, V., Körkel, J., Becker, G. & Lipsmeier, G. (2014). Erfolgreiche Konsumreduktion bei Drogenabhängigen: Ein Pyrrhussieg? Eine empirische Überprüfung der Suchtverlagerungshypothese. Suchttherapie, 15, 187–190.

Körkel, J. (2012). Wege aus der Sucht – Suchtarbeit, Abstinenz und selbstkontrollierter Konsum. In S.B. Gahleitner & G. Hahn (Hrsg.), Übergänge gestalten – Lebenskrisen begleiten (Klinische Sozialarbeit – Beiträge zur psychosozialen Praxis und Forschung 4) (S. 261 – 276). Bonn: Psychiatrie Verlag.

Körkel, J., Becker, G., Happel, V. & Lipsmeier, G. (2011). Selbstkontrollierte Reduktion des Drogenkonsums: Eine randomisierte kontrollierte klinische Studie in der niedrigschwelligen Drogenhilfe. Frankfurt a. M.: Abschlussbericht für das Drogenreferat der Stadt Frankfurt a.M.

Körkel, J., Lipsmeier, G., Becker, G. & Happel, V. (2011). Multipler Substanzkonsum bei Drogenabhängigen: Bestandsaufnahme – Behandlungsimplikationen. Sucht aktuell, 18, 49-54.

Körkel, J. (2010). Empowerment Drogenabhängiger: Grundlagen, Aufbau und Wirksamkeit des Konsumreduktionsprogramms „KISS“. Forum Sozialarbeit + Gesundheit, 28-31.

Körkel, J. & Verthein, U. (2010). Kontrollierter Konsum von Opiaten und Kokain. Suchttherapie, 11, 31-34.

Becker, G., Körkel, J., Happel, V. & Lipsmeier, G. (2009). Reduktion des Drogenkonsums durch Selbstkontrolltraining: Die Wirksamkeit des Programms „KISS“ – ein Randomized Controlled Trial. Suchttherapie, 10, S44-S45.

Happel, H.-V., Becker, G. & Körkel, J. (2009). Angewandte Methoden und Programme: Verhaltensorientiertes Selbstmanagementprogramm „Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum (KISS)“. In R. Gerlach & H. Stöver (Hrsg.), Psychosoziale Unterstützung in der Substitutionsbehandlung (S. 175-180). Freiburg: Lambertus.

Körkel, J. (2009). Befähigung zum selbstkontrollierten Drogenkonsum. Das Programm „KISS“. Konturen, 8-13.

Klingemann, H. & Sobell, L. (Eds.) (2007). Promoting self-change from addictive behaviors. Practical implications for policy, prevention, and treatment. New York: Springer Science and Business Media.

Meili, D., Dober, S. & Eyal, E. (2004). Jenseits des Abstinenzparadigmas – Ziele in der Suchttherapie. Suchttherapie, 5, 2-9.

Schippers, G.M. & Cramer, E. (2002). Kontrollierter Gebrauch von Heroin und Kokain. Suchttherapie, 3, 71-80.

Körkel, J. (1999). Rückfälle Drogenabhängiger: Eine Übersicht. Abhängigkeiten, 5, 24-45.

Körkel, J. (1999). Welche Ziele sind in der Behandlung von i.v.-Drogenabhängigen ethisch vertretbar? In Bellmann, G.U., Jellinek, Ch. & Westermann, B. (Hrsg.), Mehr als abhängig? Versuche mit Methadon und Heroin (S. 188-207). Weinheim: Deutscher Studien Verlag.

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